Jugendstrafrecht und Bildung: Die Rolle von Schulen und Ausbildungseinrichtungen
Das Jugendstrafrecht ist an die speziellen Umstände junger Straftäter und -täterinnen ausgerichtet, deren persönliche Entwicklung noch nicht vollständig abgeschlossen ist. Statt die Jugendlichen und Heranwachsenden zu bestrafen, soll das Urteil zu ihrer Erziehung beitragen und somit die Wahrscheinlichkeit, zukünftig wieder straffällig zu werden, reduzieren. Aus dieser Konstellation heraus ergeben sich zahlreiche Schnittstellen von Justiz, Schulen, Ausbildungseinrichtungen sowie freien Trägern, die Kurse für Jugendliche anbieten. Im Folgenden wird ein kurzer Überblick über diese Zusammenhänge gegeben. Für weitere Informationen rund ums Jugendstrafrecht wenden Sie sich gerne an mich.
Inhaltsverzeichnis
- Das Wichtigste in Kürze
- Präventive Rolle von Schulen und Ausbildungseinrichtungen
- Bildungsprogramme im Rahmen des Jugendstrafrechts
- Kooperation zwischen Bildungseinrichtungen und Justiz
- Umfassende Beratung für Jugendgerichtsverfahren
Das Wichtigste in Kürze
- Im Jugendstrafrecht sind Erziehungsangebote statt Strafen möglich.
- Schulen haben eine wichtige Funktion bei der Präventionsarbeit.
- Auch in Jugendstrafanstalten findet schulischer Unterricht statt.
Präventive Rolle von Schulen und Ausbildungseinrichtungen
Am besten ist es natürlich, wenn Jugendliche gar nicht erst straffällig werden. Dabei gilt es allerdings zu unterscheiden: Leichte Kriminalität im Jugendalter ist alles andere als unüblich. Zu typischen „Jugendsünden“ zählen etwa kleinere Diebstähle im Supermarkt, kleinere Betäubungsmitteldelikte sowie auch Körperverletzung, etwa im Zusammenhang mit einer Prügelei. Davon zu unterscheiden ist die schwerwiegende und mehrfache Jugendkriminalität. Das Verhalten jugendlicher Intensivtäter, die regelmäßig Straftaten verüben oder Verbrechen begehen, fällt nicht mehr unter „Jugendsünden“. Daher ist es wichtig, zu erkennen, ob es sich im Einzelfall um alterstypische Jugenddelinquenz oder um schwerwiegende Jugendkriminalität handelt.
Schulen und Ausbildungseinrichtungen kommt bei der Präventionsarbeit eine besondere Rolle zu, denn hier verbringen Jugendliche einen großen Teil ihrer Zeit. Darüber hinaus sind sie oft selbst Schauplatz vielfältiger Jugendstraftaten, wie Beleidigungen, Sachbeschädigungen, Betäubungsmittelbesitz und -handel sowie Rohheitsdelikte. Für die Vorbeugung von Straftaten durch Jugendliche und Heranwachsende gibt es hier eine ganze Reihe verschiedener Ansätze:
- Gewaltpräventions- und Sicherheitskonzepte: Viele Schulen und Ausbildungseinrichtungen erarbeiten ihre eigenen Konzepte, in welche die Erfahrungen der Lehrkräfte und Mitarbeitenden einfließen. Hierbei geht es vor allem darum, Gewalt und anderen Straftaten in den eigenen Einrichtungen vorzubeugen. Zu solchen Konzepten zählt häufig auch Bildungsarbeit.
- Schulsozialarbeit: Als vertrauliche Bezugspersonen unterstützen Schulsozialarbeiter und -arbeiterinnen Kinder, Jugendliche und Heranwachsende auch in Konfliktsituationen, etwa durch Mediation und das Heranführen an gewaltfreie Problemlösungsstrategien.
- Schulpsychologen und -psychologinnen: Im Rahmen der Präventionsarbeit haben Schulpsychologen und -psychologinnen eine wichtige Funktion. Sie helfen dabei, Verhaltensprobleme zu erkennen, haben eine beratende Funktion und setzen teilweise auch Interventionsprogramme um.
- Präventionsveranstaltungen durch Polizei und andere Anbieter: Die Polizei bietet vielfältige Programme für Schulen an, in denen Schüler und Schülerinnen zum Beispiel zu Themen wie Gewalt oder Drogen informiert werden. Darüber hinaus werden auch Informationsveranstaltungen zu strafrechtsrelevanten Themen für Lehrer, Lehrerinnen und Eltern angeboten.
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Bildungsprogramme im Rahmen des Jugendstrafrechts
Das Jugendstrafrecht wurde mit dem Ziel geschaffen, zu verhindern, dass junge Menschen erneut straffällig werden. Aus diesem Grund setzt es vor der Bestrafung auf Erziehungs- und Resozialisierungsmaßnahmen. In diesem Zusammenhang können Jugendrichter nach § 10 Jugendgerichtsgesetz (JGG) Weisungen verhängen. Solche Gebote oder Verbote sind dafür gedacht, die Lebensführung des straffällig gewordenen Jugendlichen zu regeln, um seine Erziehung zu fördern und zu sichern. Typische Weisungen sind etwa die Weisung zum Schulbesuch oder zur Annahme einer Ausbildungsstelle. Um zu erfahren, wie Sie im Gerichtsverfahren darauf hinarbeiten, dass eine Weisung anstelle einer Jugendstrafe verhängt wird, können Sie sich gerne von mir beraten lassen.
Darüber hinaus kann die Teilnahme an sozialen Trainingskursen angeordnet werden, etwa Anti-Gewalt-Trainings oder Verkehrsunterricht. Kommt der oder die Jugendliche oder Heranwachsende dieser Weisung nicht nach, kann Jugendarrest von bis zu vier Wochen verhängt werden. In diesem Zusammenhang hat die Jugendgerichtshilfe, inzwischen häufig als Jugendhilfe im Strafverfahren bezeichnet, eine wichtige Funktion. Ihre Mitarbeitenden unterstützen jugendliche Angeklagte und Verurteilte sowie ihre Familien. Hierzu zählt auch, in Kooperation mit verschiedenen freien Trägern entsprechende Trainingsmaßnahmen zu vermitteln. Durch ihre fachkundige Einschätzung haben die Empfehlungen der Jugendgerichtshilfe häufig einen positiven präventiven Einfluss auf die Jugendlichen und ihre soziale Situation.
Ein besonders wichtiges Bildungsprogramm im Rahmen des Jugendstrafrechts ist selbstverständlich der Unterricht beziehungsweise die Ausbildung in der Jugendstrafanstalt. Schulpflichtige Inhaftierte erhalten hier weiterhin ihre schulische Bildung, wobei die Klassengröße oft kleiner und die Unterrichtssituation somit mitunter vorteilhafter ist als an einer regulären Schule. Auch nicht mehr schulpflichtige Inhaftierte können in der Jugendstrafanstalt beispielsweise ihren Schulabschluss nachholen oder eine Ausbildung absolvieren. So verbessern sich ihre Chancen auf die Eingliederung in den Arbeitsmarkt nach der Haftentlassung.
Kooperation zwischen Bildungseinrichtungen und Justiz
Die Zusammenarbeit der Justiz mit verschiedenen Bildungseinrichtungen ist an mehreren Stellen im Jugendgerichtsgesetz (JGG) geregelt. § 70 JGG besagt etwa, dass in geeigneten Fällen auch die Schule von der Einleitung und dem Ausgang des Verfahrens unterrichtet wird. Auch bei den Ermittlungsarbeiten werden die Schule beziehungsweise der Ausbilder miteinbezogen. Dies regelt § 43 JGG, wobei Absatz 1 des Paragraphen auch besagt, dass das Anhören der Schule beziehungsweise des Ausbilders unterbleiben soll, wenn dies unerwünschte Nachteile für den Jugendlichen, wie den Verlust seines Ausbildungsplatzes, zur Folge hätte. Nicht zuletzt regelt § 24 JGG die Bewährungshilfe. Hier ist festgelegt, dass der Bewährungshelfer oder -helferin auch von der Schule sowie vom Ausbilder des auf Bewährung verurteilten Jugendlichen Auskunft über dessen Lebensführung verlangen kann.
Umfassende Beratung für Jugendgerichtsverfahren
Studien belegen immer wieder starke Zusammenhänge zwischen Bildung und Kriminalität, wobei höhere Bildung regelmäßig mit niedrigerer Kriminalität einherzugehen scheint. Die kausalen Zusammenhänge sind aber oft komplizierter und bestimmte Straftaten, etwa im Steuerrecht, sowie gewisse Betrugsstraftaten finden sich vorwiegend bei Personen mit höherer Bildung. Auch die Auswirkung der Bildungsmaßnahmen im Jugendstrafrecht auf die Rückfallwahrscheinlichkeit ist teilweise umstritten. Unumstritten ist allerdings, dass Bildungsangebote wichtig für Jugendliche und Heranwachsende sind – auch wenn sie sich derzeit in einer Jugendstrafanstalt befinden. Insbesondere für die Frage, ob es sich um Gelegenheits- oder Intensivtäter handelt, ist eine Kooperation zwischen Schulen und Justiz darüber hinaus oft unerlässlich. Aufgrund der komplexen juristischen Sachlage ist es auch bei Jugendgerichtsverfahren sinnvoll, sich kompetenten Beistand durch einen Rechtsanwalt oder -anwältin zu suchen. Kontaktieren Sie mich gerne für eine Beratung.